Astoria und KCfW Gemeinschafts-Wanderfahrt auf Lahn und Rhein
Was für den Kölner Club für Wassersport (KCfW) eine jährliche Routine-Fahrt darstellt, war für die Berliner Teilnehmer ein Novumgespickt mit vielen persönlichen Rekorden!
Obwohl die Bahnsich redlich mühte und ihrem Ruf alle Ehre machte (Vorverlegung der Abfahrtszeit wegen Trassensanierung, Zugstreichung, Ersatzzug anderer Bauart wodurch die Reservierungen nicht galten, sich widersprechende Ansagen zu Umstieg und Reiseverlauf), schafften es alle Berliner am 18.6. rechtzeitig zum 1. Kennenlernen im traditionellen Gaffel-Brauhaus am Dom. Die Leidensgenossen für die nächsten 7 Tage waren: 3 Vollblut-Astoren (André, Martin K., Martina), 2 reine und langjährige KCfW´ler (Kurt, Manfred), unsere Doppelherz-Fahrtenleiter (Helmut, Christian H.), die die Kraft der 2 Vereins-Herzen in ihrer Brust haben, sowie einem Kölner Kanuten, der an seine vielen Ruderkilometer in der Jugend mit Helmut anknüpfen und nach 35 Jahren Rollsitz-Abstinenz mal wieder mit Skulls rückwärts und schneller als mit einem Paddel unterwegs sein wollte. Ottmar war sofort wieder drin in der Rudertechnik,womit bestätigt ist, dass man rudern nicht verlernt, wenn man es einmal richtig gelernt hatte.
Standesgemäß begossen wir die Wanderfahrt mit Kölsch und deftiger Kost, bevor wir gemeinsam die Boote verluden. Für die Berliner Leser: Aufgrund der Besonderheit des KCfW-Bootshauses (ein am Rhein-Ufer befestigtes altes Frachtschiff – ja, es gibt noch engere Bootshallen als die von Astoria) mussten die Boote Liebchen und Klävbotz (=„Klebehose“: Kölsch für jemanden, der abends an der Theke klebt und nicht gehen will…) samt Zubehör vom Bootssteg über den Rhein geschoben und den Deich hochgetragen werden. André (todchick in Wathosen) und Christian (mit nacktem Bein) standen dazu direkt in der Strömung. Dank bester Organisation der Fahrtenleiter wurden die Berliner danach zur Übernachtung in den Kanuklub Mülheim kutschiert, mit Schlafsack versorgt und dank Ottmars Frau am nächsten Morgen sogar mit Frühstück. Montag Morgen ging es dann gemein-sam mit dem Bootshänger nach Wetzlar bei Lahn km 12,5. Bis zur Rheinmündung bei Rheinfelden (km 137) verbrachten wir 4 tolle, aber auch sehr heiße und schweißtreibende Tage auf der Lahn.
Entlang der Strecke gab es neben etlichen Schleusen und Wehren immer wieder sehr schöne Blickfänge hoch oben über dem Lahntal: als erstes das Renaissanceschloß Weilburg, im weiteren Verlauf säumen viele andere Schlösser, wie z.B. Schloß Oranienstein, Schloß Schaumburg und Burgen mit Ritterromantik (Balduinstein, Laurenburg, Lahneck) unseren Weg. In Weilburg trugen wir unsere Rettungswesten beim Passieren des bundesweit einmaligen technischen Denkmals, den 1847 zur Schiffbarmachung der Lahn gebauten knapp 200 m langen, dunklen Schiffstunnel. An seinem Ende schloss sich gleich eine Doppelschleuse an. Bei über 30 °C zogen wir nach dem Schleusengang fix die Westen wieder aus. Um den Limburger Dom und die berühmte Badewanne von Tebartz-van Elst machten wir einen Bogen und suchten stattdessen einen Geldautomaten, denn in unserem Quartier in Laurenburg ist irgendwann mal die Zeit einfach stehen geblieben: Kartenzahlung ist immer noch unbekannt und Kurt bestätigte uns, dass die Speisekarte seit ca. 20 Jahren unverändert ist.
Zu den landschaftlichen Besonderheiten/Höhepunkten dieser Lahntour gehören die sehr engen Windungen und ein paar Stromschnellen wegen Niedrigwasser. Das störte ein paar Unerschrockene nicht, sich nach getaner Arbeit in die Lahnfluten zu stürzen. Die Ornithologen kamen bei Eisvogel, Teichrohrsänger, etlichen Gänsen und anderem Zwitschern auf ihre Kosten. Unser pensionierter Umweltökologe und Ex-Stadtführer erklärte fleißig, was wir da so alles hörten und sahen. Auf der Strecke passierten wir die für ihre Mineral- und Heilquellen bekannte Orte Selters, Faschingen und Bad Ems. Viel schmackhafter und unbedingt empfehlenswert ist aber die Eisdiele in Runkel. Wir fieberten bei über 30 °C ohne Schatten unendlich lange 28 km darauf hin, wurden köstlich belohnt und konnten uns nur schweren Herzens an die fehlenden 10 km für unser Tagesziel machen.
Am letzten Lahntag ruderten wir gegen das drohende Unwetter 35 km in Rekordzeit. Alle Schleusenwärter und der Wettergott waren uns gnädig: Unter heftigem Donnergrollen in der Ferne konnten wir unsere Boote in Lahnstein trocken an Land bringen und einen ersten Blick auf den Rhein werfen. An der Rheinstrecke lagen Koblenz mit der Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein und Moselmündung / deutsches Eck, Weinberge, Drachenfelsen, Siebengebirge und Bad Godesberg, Bonn mit den ehemaligen Regierungsgebäuden und Hafen- und Industrieanlagen. Vater Rhein zeigte sich den 3 Vollblut-Astoren bei ihrer Rhein-Premiere ungnädig: Starker Gegenwind und hohe Wellen hoben die Strömung am ersten Tag fast auf. Die 58 km bis Bad Honnef wurden trotz schöner Landschaft zur Qual, und Martina schwor an diesem Abend, dass sie so schnell nicht mehr in ein Boot steigen will. Bis zum nächsten Morgen hielt sie dies durch und stieg dann ausgeschlafen und pflichtbewusst wieder ein. Zum Glück war der letzte Rudertag relativ windstill und so versöhnten wir uns alle mit dem Rhein, verstanden jetzt auch Helmuts Liebe zum „seinem“ Rhein und zu dem ihm schon früh vertrauten Ruderrevier.
Glücklich und erstaunt, dass wir die 235 km ohne Muskelkater (dank der vielen Elektrolyte in den abendlichen Bieren) durchgehalten haben, erreichten wir nach 6 erlebnisreichen Rudertagen den Schwimmsteg des KCfW. Vielen Dank für die tolle Organisation, die Hängerfahrer und an das harmonische Team. Es passte alles.
Martina