Werralandrallye & Wesermarathon 2025

“Astoria, Astoria, im Werraland, die Rallye mal wieder im Kalender stand” – so beschrieb Florian (Junge, aber Florian Hirsch war dieses Mal auch am Start) es 2022 zu Beginn seines Berichtes zum damaligen Werra-Weser-Wahnsinn; und genau so kam es auch. Nachdem wir 2023 und 2024 ausgesetzt hatten (warum auch immer), hatte sich nun bereits Ende November eine sehr bunte Truppe an Astor*innen zusammengefunden, die dieser leicht absurden Veranstaltung beiwohnen wollten.

Die Sterne – vielleicht auch eher die Feiertage – standen günstig für uns, denn der Wesermarathon findet traditionsgemäß am ersten Maiwochenende statt, und der erste Mai fiel auf einen Donnerstag. Es bot sich also an, schon am Donnerstag nach Eschwege anzureisen und alle nötigen Vorbereitungen für zwei erfolgreiche Rudertage am Wochenende nicht nur am Freitag erledigen zu müssen. Die Boote waren am Mittwochabend vorher erfolgreich verladen worden und der Hänger wartete auf unserem Parkplatz nur noch darauf, über die holprige Bismarckstraße auf die Autobahn nach Hessen gezogen zu werden. Zeitgleich hatte André, seinerseits Neunsitzerbeauftragter der Fahrt, jedoch festgestellt, dass Qualm aus der Motorhaube eines frisch von der Autovermietung abgeholten Busses kein gutes Zeichen ist, sodass ein ganz, ganz kurzer Moment der Panik aufstieg. Würde der Roadtrip nach Hessen am Donnerstag schon am Fahrzeug scheitern? Glücklicherweise nicht; denn die Autovermietung stellte uns einen größeren Bus zu Verfügung, der dann am Donnerstagmorgen zwei Boote und neun Menschen (Robin, Lucas, Paul, Sophia, Uta, Sven, Stefan, André und Hannah) innerhalb von knapp vier Stunden nach Eschwege brachte.

Es ging mit zwei kurzen Fahrerwechselpausen und der sich wiederholenden Feststellung, dass man in Hessen an nahezu jeder Ecke Fachwerk findet, zum Kanuclub in Eschwege, wo wir vom dortigen Vorsitzenden zunächst begrüßt und dann darauf hingewiesen wurden, dass wir die Schleuse in der Stadt nicht passieren könnten. Toll! Ein kleiner, abenteuerlustiger Erkundungstrupp machte sich auf, um diese Aussage zu überprüfen. So richtig eine Wahl hatten wir nämlich nicht; denn hinter der Schleuse kam stegtechnisch erst einmal eine Weile nichts. Landschaftlich sehr hübsches Nichts, aber dennoch viel nichts.

Wir begutachteten die Schleuse und stellten fest, dass die Bedingungen, die wir aus 2022 schon kannten, sich nicht verändert zu haben schienen. Gute Obleute wissen, dass man in Schleusen nie, wirklich niemals aus dem Boot aussteigen sollte – wenn das zu schleusende Boot bei der Ausfahrt aus der Schleuse unter dem Schleusentor aufsetzt und mit voller Besetzung nicht mehr dort weg käme, dies aber dennoch nötig wird. 2022 hatte sich diese Taktik zwar als nicht besonders elegant, aber dennoch effektiv erwiesen, und so wurde der Entschluss gefasst, dass wir es wohl genauso noch einmal versuchen würden.

Was auch immer einem dieses Kunstwerk urbaner Deko sagen soll.

Der Erkundungstrupp kehrte zum Hänger zurück, die Boote wurden aufgeriggert und Lucas gewann den Kampf gegen einen rostigen Bolzen (der Bolzen brach). Dies wiederum sorgte dafür, dass André die Werkstatt des Kanuclubs von innen besichtigen durfte; frei nach dem Motto: “Du kriegst André aus dem Bootswart, aber den Bootswart nicht aus André!” Währenddessen freundeten sich Hannah, Lucas, Paul und Sophia mit der nicht ganz so freundlich gesinnten Dorfjugend an, denn Robin gewann ihre Sympathie, indem er – zu seinem eigenen Bedauern – seine Glasflasche zerstörte. Was muss, das muss; es war ja schließlich immer noch der erste Mai.

Als unser Bootswart im Geiste verkündete, dass eine Lösung für den zerbrochenen Bolzen gefunden worden war, shuttelte uns Stefan zum Altstadtgasthof “Zur Krone” – oder besser; zunächst in eine Sackgasse kurz vor der Krone und dann zur Krone -, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen würden. Die Zimmer wurden bezogen und wir brachen auf zu einem kleinen sommerlichen Feiertagsspaziergang mit Eis (sehr sinnvoll bei 25°C!), einem immer wieder schönen Ausblick von der Musikschule Eschwege über die Werra und der Erkenntnis, dass man Hannah sehr leicht an eine sehr, sehr zutrauliche Katze auf dem Weg verlieren konnte. Währenddessen taten Robin und Lucas, was Berliner so tun, und wurden Zeugen der Bergung eines Autos aus der Werra, was zu allem Überfluss auch noch einen hübsch in Regenbogenfarben schillernden Ölfilm auf dem Fluss hinterlassen hatte und somit der Bereich vor der Schleuse bis Freitagabend von einer Ölsperre geziert wurde. Würden wir dort am Samstag rudern können? Und gab es in der Therme in Bad Sooden-Allendorf eigentlich eine Rutsche? Fragen über Fragen.

Schließlich ließen wir den Abend gemeinsam erst in einem vietnamesischen Restaurant und schließlich im Biergarten “Werrastrand” ausklingen – an dieser Stelle eine große Empfehlung meinerseits, wenn man einen leicht absurden Ort sucht, an dem man für 2,50€ ein Radler trinken möchte. Der Wunsch nach alkoholfreiem Bier jedoch wurde nur mit einem leicht verwunderten Blick aufgenommen und scheiterte dann daran, dass es so etwas vor Ort wohl einfach nicht gab.

Zurück in der Krone teilte sich die Gruppe auf – Paul, Sophia und Hannah gesellten sich zu Robin und Lucas und führten die ein oder andere Debatte über guten Musikgeschmack – und André und Stefan zogen noch einmal los, um einen nachmittags erspähten Spätkauf anzusteuern. Dass besagter Späti seinem Namen wirklich nicht gerecht wurde, fanden sie dann heraus, als sie vor dem Laden standen. Legenden besagen, dass unsere beiden Helden noch einmal zurück zum Werrastrand liefen und den Abend ein weiteres Mal dort ausklingen ließen.

Am nächsten Morgen teilte sich die Gruppe auf. Uta und Sven erkundeten auf Wanderwegen die Berge, die wir am Tag zuvor von der Musikschule aus bestaunt hatten, Sophia, Paul, Lucas und Robin beschlossen, einen Ausflug in eine leider rutschenfreie Therme in Bad Sooden-Allendorf zu unternehmen und André, Stefan und Hannah transportierten den Hänger nach Holzminden, wo wir am Sonntagabend den Wesermarathon beenden würden.

Der Hänger in Holzminden. Noch scheint die Sonne. Noch.

Nachmittags stieß dann auch der Rest unserer Runde zu uns; Rainer, die Florians, Jakob und Brigitte wurden von Göttingen von Steffi (danke!) zu uns gefahren, sodass wir vollzählig waren. Es folgte ein weiterer Eschweger Stadtrundgang, dieses Mal unter der Führung von Rainer – inklusive einem obligatorischen Stracke-Einkauf bei der Fleischerei Happel und einem typografischen Rätsel am Nikolaiturm – bis wir abends in der Krone einkehrten und uns ein kleiner meteorologischer Vorgeschmack auf das präsentiert wurde, was uns am Samstag noch erwarten würde. Nachdem wir nach in die Innenräume umgezogen waren, folgte ein fröhlicher Abend mit und hessischem Essen (grüne Soße musste sein), ehe sich alle ins Bett begaben, denn am Samstag startete ja, wofür wir angereist waren; die Werraland-Rallye.

Ist es wirklich ein Abend mit der Jugend, wenn keine Gesellschaftsspiele gespielt werden?

Nach einem zügigen Frühstück standen wir bereit zur Abfahrt um 8 Uhr vor der Krone, und nachdem André einen Nieser zum Besten gegeben hatte, der vermutlich nicht nur diejenigen unter uns, die noch müde gewesen waren, sondern auch ganz Eschwege geweckt hatte, wurde der Weg zu den Booten angetreten.

Werra und Weser nur mit Räudi, dem Hasen.

Die Bootseinteilung stand – nachdem Paul und Florian H. am Abend zuvor ihr gesamtes Problemlösungstalent aufgebracht hatten, um 13 Ruderer über zwei Tage sinnvoll in Bus und Boote zu verteilen – und so starteten André, Stefan (inklusive Plüschhase Räudi, der diesen Namen immer mehr verdiente), Rainer, Uta und Hannah in der Quintett und Jakob, Florian, Paul, Lucas und Robin in der Heinz Hornemann. Kaum warm gefahren, erreichten wir die erste kritische Stelle der Rallye; die am Donnerstag schon sorgenvoll ausgekundschaftete Schleuse in Eschwege. Glücklicherweise war die Ölsperre verschwunden; dafür standen neben der Schleuse jetzt Rettungsschwimmer*innen und andere Helfer*innen der DLRG, die uns erklärten, dass wir es mit dem allerersten Schwall Wasser, der bei der Öffnung des hinteren Schleusentores aus der Schleuse strömen würde, aus der Schleuse schaffen würden, wenn wir uns beeilten. Also fuhren die Quintett und die Hornemann vor all den Paddelbooten in die Schleuse und bemühten sich, den Rat der DLRG zu befolgen. Leider blieb es auch bei den Bemühungen. Die Quintett setzte am Schleusentor auf einer Sandbank auf. Wir versuchten zwar, mit Paddelhaken und vereinten Kräften freizukommen, doch auch dies scheiterte, sodass Rainer und Stefan aussteigen mussten. Auch die Hornemann musste unterbesetzt durch das Tor getragen werden. Der neben uns in der Werra schwimmende Rettungsschwimmer begutachtete das Unterfangen belustigt, bis wir wieder frei waren. Das Manöver war wirklich alles andere als schön, aber es half ja nichts. Wir mussten es ja irgendwie auf den nächsten Flussabschnitt schaffen. Wer es allerdings nicht wieder ins Boot schaffte, war der zweite Paddelhaken der Quintett, wie uns von einem freundlichen Paddler einige Meter hinter der Schleuse mitgeteilt wurde. Kaum war der Haken wieder im Boot, mussten wir einige Kilometer später feststellen, dass er erneut verschwunden war; und dieses Mal außer Sichtweite. Nach einem kurzen Moment der Ratlosigkeit mussten wir einsehen, dass wir unseren hölzernen Kameraden wohl so schnell nicht wiederfinden sollten und ruderten die ersten 19 km bis zur Schleuse nach Bad Sooden-Allendorf – jedoch nicht, ohne vorher von Janni vom dortigen Kanuclub mit Kaffee und Kuchen versorgt zu werden. In der Schleuse wurden wir das erste Mal an diesem Tag so richtig schön eingeregnet. Nass, aber immerhin ohne aufzusetzen, fuhren wir aus der Schleusenkammer und pausierten dahinter; schließlich war ein Drittel der Strecke geschafft.

Immer wieder ein schönes Manöver; Das Aussteigen in der Schleuse in Eschwege. Es gilt: Nicht nachmachen. Bitte.

Dank unseres fleißigen Landdienstes gab es belegte Brote und alles, was das Herz der hungrigen Rudernden begehrte. Als wir weiterfuhren, hatte es sogar aufgehört zu regnen, das sollte auch für das nächste Drittel der Strecke bis zum Kanuclub Witzenhausen so bleiben. Wir genossen, dass es ohne Wasser von oben sogar angenehm lau war und ruderten durch die wirklich schöne, wenn auch von nebelschwadenverhangene Landschaft des Werratals, die einige Burgen, Felder, Kühe und anderes Getier für uns bereit hielt. In Witzenhausen pausierten wir ein zweites und letztes Mal, und natürlich ließen es sich André und Stefan nicht nehmen, ein Foto mit der Kirschkönigin machen zu lassen – allerdings muss man leider sagen, dass das Gruppenfoto unserer Truppe sehr viel schöner geworden ist. Und als kleines Highlight der Pause brachte uns ein Paddelfahrer sogar unseren Paddelhaken vorbei, den er unterwegs eingesammelt hatte. Wiedersehen macht Freude!

Gegen 15 Uhr brachen wir auf zum letzten Drittel der Tagesstrecke, ließen uns noch von einem weiteren freundlichen DLRG-Helfer darauf hinweisen dass das inzwischen deutlich hörbare Donnern aus der Richtung kam, in die wir fahren wollten, und pünktlich nach zwei Kilometern begann der zweite Regen des Tages. Dieses Mal sollte es jedoch erst wieder aufhören, bis uns nur noch fünf Kilometer vom Tagesziel Hannoversch Münden trennten.

Das alles wäre zwar nicht schön, aber noch irgendwie erträglich gewesen, wenn das Gewitter, was sich angekündigt hatte, nicht direkt über uns hinweggezogen wäre. Gut geschulte Obleute wissen auch, dass spätestens das der Punkt ist, an dem man definitiv nicht mehr auf dem Wasser sein sollte. Doch blieb uns etwas anderes übrig? Mannschaft und Boote mussten es nach Hann. Münden schaffen, und Anlegen konnte man fast nirgends. Eigentlich ist das letzte Drittel der Werralandrallye mit dem Flutgraben und der Bootsumtragestelle am “Letzten Heller” das spannendste Stück der Strecke, aber die Bedingungen machten es einem wirklich nicht leicht, sich darüber zu freuen.

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Achtung – Die im folgenden geschilderten Manöver sind zwar humoristisch beschrieben, aber nüchtern betrachtet nur im Nachinein lustig und unter keinen Umständen nachzumachen.

Die Mannschaft der Hornemann beschloss zu allem Überfluss, dass die Markierung der Fahrwasserseite, auf der man in den Flutgraben fahren muss, vielleicht doch nur eine Empfehlung sein könnte (…ebenso wie die Gewässerbeschreibungen, die laminiert im Boot lagen…) und steuerte auf die – zurecht – als zur Durchfahrt ungeeignete Seite der Werra zu. Diese Seite ist übrigens gesperrt, weil sich dort ein kleines Wehr befindet. Der Höhenunterschied zum Fahrwasser ist zwar nicht so groß, dass man mit dem Boot irgendwo herunterstürzen könnte, aber die Hornemann-Besatzung wollte sich die Lage nochmal aus der Nähe anschauen. Es kam, wie es kommen musste; das Boot setzte auf und die Mannschaft musste aussteigen, um es von dem Stein, auf dem sie gestrandet waren, wieder herunter zu bekommen. Florian J.s Handy – das, wie ich im Nachhinein herausfand, auch die Möglichkeit gehabt hätte, in einer wasserdichten Handytasche verstaut zu werden – verkraftete die Mengen an Wasser leider nicht, ganz im Gegenteil zu Lucas’ Lautsprecher. 

Irgendwie schafften sie es schließlich, trieben dann – zwar mehr rückwärts als vorwärts, aber immerhin mit der Mannschaft im Boot – in den Flutgraben und fanden fünf Kilometer vor der Bootsumtragestelle am letzten Heller sogar einen Steg.

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Wir legten an, stellten uns kurz unter und berieten, was zu tun war. Der Landdienst hatte inzwischen angeboten, uns einzusammeln – jedoch bestand nicht wirklich die Option, die Boote aus dem Wasser zu nehmen, und bis Hann. Münden hatten wir nur noch 10 Kilometer vor uns. Ein resignierter Blick Richtung Regenradar verriet, dass die Gewitterzelle über uns noch eine halbe Stunde dort bleiben würde, wo sie war, und so stiegen wir zurück in die Boote, in denen der Wasserspiegel sich langsam dem der Werra anglich. Das einzig Gute war, dass nach ‚klitschnass’ nicht mehr viel an Steigerung dieses Zustandes kommen konnte. Die Bootsumtrage am letzten Heller gelang den Umständen entsprechend ohne Komplikationen, und einen Kilometer hinter diesem letzten Hindernis hörte der Regen sogar kurz auf – nicht, dass das jetzt noch einen Unterschied gemacht hätte.

Was soll man sagen? In Hannoversch Münden – einer Stadt, die quasi nur aus Fachwerk besteht (ganz zu Hannahs nicht abebbender Freude darüber) – war vermutlich an diesem Abend niemand so froh wie wir, Zugang zu fließendem und warmem Wasser zu haben (an ersterem hatte es uns ja nicht wirklich gemangelt). Und zu Heizungen; dementsprechend sah es in unserer zweiten Unterbringung auch aus. Im Treppenhaus des Hotels „Fulda“ hingen in allen Etagen über Heizkörpern und Treppengeländern Steuerdecken und -kissen. An dieser Stelle hätten wir uns vielleicht bei den anderen Hotelgästen entschuldigen sollen, denn vermutlich roch es im ganzen Haus nach nassem Hund. Naja.

In weiser Voraussicht hatte Hannah den Tisch in der Pizzeria um die Ecke zu 20 Uhr bestellt. Um die Ecke ist in Hann. Münden vieles, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Per Auto, so hatte Sven herausgefunden, als er die klatschnassen Mannschaften von den Booten zum Hotel fuhr, brauchte man wiederum gute Ortskenntnis und Geduld, denn die Stadt besteht nicht nur aus unzählig viel Fachwerk, sondern auch aus unzählig vielen Einbahnstraßen.

Nach der warmen Dusche waren die Gemüter glücklicherweise wieder so weit hergestellt, dass ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt ganz gut tat. Allerdings kann ich an dieser Stelle nicht sagen, ob das wirklich bei allen der Fall war – hatte Florian J. seine Schuhe ja leider zum Trocknen im Hotel lassen müssen. Immerhin ist Barfuß gehen gesund.

Hoffnungslos romantische Autor*innen würden jetzt Dinge schreiben wie „Und nachdem auch die letzte Regenwolke verschwunden war, wurde der Himmel durch die Abendsonne in ein blaugelbes Licht getaucht.“ Glücklicherweise bin ich das nicht. Hübsch sah es trotzdem aus, und der Stimmung war auch zuträglich, dass es aufgehört hatte zu regnen.

Hann. Münden, als ob die Welt nie meteorologisch untergegangen wäre.

Nach dem Pizzieren stand der letzte Tagesordnungspunkt an; ein Spaziergang zum Weserstein. Dieser befindet sich auf der Nordspitze der Insel „Unterer Tanzwerder“, die zwischen Fulda und Werra liegt. Er markiert die Stelle, an der beide Flüsse zur Weser vereint werden, wie man seiner Inschrift entnehmen kann:

Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büssen müssen
Und hier entsteht durch diesen Kuss
Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.
Hann. Münden d.31 Juli 1899

So weit, so lyrisch. Wir spazierten also zum Stein, freuten uns, dort zu sein und spazierten zurück zum Hotel. Für mehr Enthusiasmus reichte die Energie vermutlich nicht, aber das war auch in Ordnung. Angesichts des durchgestandenen Tages taten wir wohl gut daran, zügig ins Bett zu kommen.

Gruppenbild – Die zig-ste. Nach der Odyssee am Samstag schaffen es auch nicht alle, zu lächeln, still zu halten oder in die Kamera zu schauen.

Nach einem dritten und letzten Frühstück der Ruderer dieses Wochenendes am Sonntagmorgen starteten wir bei kühlen 7°C gegen 9 Uhr in Hann. Münden. Nachdem die Quintett flaggenlos gestartet war und beide Boote eine Übergabe vorführten, die ihresgleichen suchte, fuhren wir los. Die Jugend entschloss sich, dem noch trüben Wetter und dem Gegenwind mit einer exklusiven Auswahl an Musikgeschmäckern zu kontern – Pop, Klassik und Techno, hier besonders nennenswert der „Hey hey“-Remix von DJ Robin Schulze – und zog an der Hornemann vorbei. Deren Mannschaft wiederum ließ es geschehen und tüddelte gemütlich bis Gieselwerder hinter dem Techno-Boot her. Dort legten wir das erste Mal für eine Keks- und Stullenpause an, stellten fest, dass es keinen Paddlergottesdienst mit Paddelpfarrer wie im Jahr 2022 gab und fuhren gegen 12 Uhr weiter. Inzwischen hatte Brigitte ins Techno-Boot gewechselt und und erfreute sich an dem zwischendrin eingeschalteten Chor. Wir passierten einige Schafherden, Kühe, Pferde und schließlich das abgeschaltete Kernkraftwerk Würgassen, wo eine sehr kurze Schweigeminute für die nicht mehr ausgeschilderte Elektrofischscheuchanlage eingelegt wurde.

Der nächste Stop wurde in Beverungen eingelegt, wo Rainer einen Gastronom bestochen hatte und uns somit eine Pinkelpause ermöglichte. Robin unterhielt die Gruppe zudem mit einem akustischen Experiment und versuchte, herauszufinden, wer außer Lucas den Unterschied zwischen weißem, pinken und braunen Rauschen hören konnte. Warum? Das weiß keiner so genau.

Kurz vorm Ablegen schaffte es Hannah noch, beinahe in die Weser zu fallen – Zitat: „Ich dachte, der Dreck, der da treibt, sei eine Sandbank!“ Ob das daran lag, dass sie seit drei Nächten im Hotel auf einer Isomatte hatte schlafen müssen, weil sie die Organisation eines weiteren normalen Bettes verpatzt hatte, oder an etwas anderem, weiß auch keiner. Vielleicht wollte sie auch solidarisch mit Florian J. sein, dessen Schuhe vermutlich noch immer nass waren.

Vor uns lagen die restlichen 28 km und somit das zäheste Stück der Silberstrecke. Je weiter wir uns vonn Hann. Münden entfernten, desto stärker ließ die Strömung nach, und die Motivation der einzelnen war wohl auch schon einmal größer gewesen. Aber es half nichts. Mit einem dreifachen „Das schaffen wir nie!“, unserem neuen Schlachtruf, läutete Paul einen ersten Endspurt ein und die Hornemann zoge relativ schnell an der erneut jugendlich besetzten Quintett vorbei – dieses Mal endgültig. Ich persönlich bin inzwischen der festen Überzeugung, dass hauptsächlich die Abfrage der gewünschten Anzahl am Ziel in Holzminden auf uns wartender Bratwürstchen, eine Gesangseinlage von Rainer und Hannah („Bolle reiste jünsgt zu Pfingsten“ – aus welchem Impuls auch immer dieses Lied aufkam…) und einer kleinen Prise Wahnsinn dafür sorgte, dass wir es eben doch schafften. Und zu guter Letzt erblickten wir bei Kilometer 80 auf der Backbordseite des Flusses am Ufer sogar doch noch eine Rutsche.

Beide Mannschaften kamen gut gelaunt in Holzminden am Ruderverein an, und auch das Verladen lief reibungslos. Es wurde das obligatorische Gruppenfoto vor dem Bootshaus gemacht und das letzte Bisschen Grillgut, was noch übrig war, verputzt – Astoria kommt traditionsgemäß als letzter Verein in Holzminden an –, ehe alle den Rückweg antraten.

Ein letztes Gruppenbild am Ziel musste sein.

Ob Werra und Weser uns oder wir beide Flüsse geschafft hatten, darüber kann man vermutlich streiten. Worüber man nicht streiten kann; die Fahrt war toll. Anstrengend, zwischendrin sehr ermüdend, von ungünstigen Umständen durchzogen, aber dennoch toll; und wenn man im Nachhinein immer nur davon berichten würde, wie schön und unkompliziert eine Wanderfahrt ablief, bliebe diese den Menschen wohl auch kaum langfristig im Gedächtnis.

Ein großer Dank gilt allen, die mitgefahren sind und sich durch Wind und Wetter nicht die Laune haben vermiesen lassen. Besonderer Dank gilt Sven, der den Landdienst übernommen hat und sich sehr gut in diese doch sehr bunte Truppe eingefunden hat, und André, der Hannah bei der Organisation doch etwas mehr unter die Arme gegriffen hat, als eigentlich geplant war. Vielleicht schaffen wir ja doch irgendwann noch die Goldstrecke.